Bloggerin Vivian Wagner
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Endometriose: VIVIAN „Endolöwin“ im Interview

Bloggerin Vivian Wagner

Die Krankheit akzeptieren und zur Freundin machen

Vivian leidet seit 10 Jahren an Endometriose und klärt in ihrem Podcast und auf Instagram über die Krankheit auf. Sie gibt Tipps, die Mut machen und Betroffene stark machen sollen. Denn der Weg zur richtigen Diagnose „Endometriose“ ist oft lang und beschwerlich.

 

  1. HALLO VIVIAN, STELL DICH DOCH MAL KURZ VOR!

Ich heiße Vivian, ich bin 24 Jahre alt und wohne in der schönsten Stadt: in Hamburg. Im Februar dieses Jahres wurde die chronische Erkrankung Endometriose per Bauchspiegelung bei mir diagnostiziert. Über Instagram kläre ich über diese Erkrankung auf. Dort gebe ich Tipps, um besser mit der Erkrankung umzugehen und versuche für die Betroffenen immer ein offenes Ohr zu haben. Zusätzlich habe ich einen Endometriose-Podcast – dort greife ich die verschiedensten Themen rund um die Krankheit Endometriose auf. Kurz nach meiner Diagnose habe ich angefangen über meine Erkrankung zu schreiben und zu berichten –  ich wollte einen Teil dazu beitragen, dass Endometriose mehr Aufmerksamkeit bekommt. Das ist bis heute auch immer noch mein Ziel.

 

  1. WANN HAST DU ERFAHREN, DASS DU ENDOMETRIOSE HAST UND WIE VIEL ZEIT IST BIS DAHIN VERGANGEN?

Die offizielle Diagnose habe ich Anfang Februar dieses Jahres erhalten. Ich habe über 10 Jahre auf eine Diagnose gewartet, weshalb ich sehr erleichtert war und bin, dass ich nun endlich weiß, was ich habe. Trotz unzähliger Arzt- und Krankenhausbesuche hat kein Arzt und keine Ärztin jemals den Verdacht geäußert, dass es Endometriose sein könnte. 10 Jahre mit Schmerzen und einer Ungewissheit zu leben, ziehen nicht einfach so an einem Menschen vorbei. Mittlerweile weiß ich aber mit meinen Schmerzen zu leben und die Krankheit zu akzeptieren. Ich bin größtenteils positiv gestimmt und sehe die Endometriose eher als eine gute Freundin an, die mir zum richtigen Zeitpunkt mitteilt, dass ich mehr auf meinen Körper hören sollte und meine Grenzen nicht übersteigen sollte. Man lernt mit all den Jahren, das Positive daraus zu ziehen.

 

  1. WORAN HAST DU GEMERKT, DASS DU MEHR ALS EIN „SCHLECHTES BAUCHGEFÜHL“ HAST?

Mit ungefähr 12 Jahren habe ich meine erste Periode bekommen und somit machten sich auch erste starke Symptome bei mir bemerkbar. Ich fiel regelmäßig in Ohnmacht und musste mich vor Schmerzen übergeben. Oft habe ich in der Schule gefehlt, weil ich vor Schmerzen nicht mehr aus dem Bett gekommen bin. Also ging ich zusammen mit meiner Mama zu meiner ersten Frauenärztin. Sie teilte mir mit, dass es normale Periodenschmerzen seien und verabschiedete mich mit einem Rezept für die Pille. Ich wusste aber damals schon, dass diese Schmerzen nicht normal sind. Meine Freundinnen hatten diese ganzen Probleme nicht. So ging der Ärzte-Marathon los.

 

  1. WIE WAREN DEINE ERFAHRUNGEN MIT DEN ÄRZTEN, DIE DICH BETREUT HABEN?

Schrecklich. Meine Erfahrungen mit all den Ärzten und Ärztinnen waren wirklich schrecklich. Ich war in knapp 20 ärztlichen Praxen in den verschiedensten Städten. Niemand hat auch nur den leisen Verdacht der Endometriose ausgesprochen. Es wurde auf meine Psyche geschoben oder als normale Periodenschmerzen deklariert. Ich frage mich bis heute, wie sowas sein kann. Wie können so viele Ärzte und Ärztinnen eine solche Krankheit einfach übersehen? Hätte man mich viel früher ernst genommen, wären mir einige Jahre an Schmerzen und Ungewissheit erspart geblieben. Und da spreche ich für die meisten Endometriose-Betroffenen. Es dauert im Schnitt bis zu 10 Jahre bis die Diagnose gestellt wird –  so etwas darf nicht sein! Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass Endometriose schneller diagnostiziert wird und auch Ärzte und Ärztinnen besser aufgeklärt sind.

 

  1. WAS HAT SICH SEIT DER DIAGNOSE ENDOMETRIOSE IN DEINEM LEBEN VERÄNDERT?

Es hat sich viel ins Positive verändert, aber auch negative Dinge sind mir seit der Diagnose widerfahren. Ich habe gelernt, besser auf meinen Körper zu hören und mehr auf mich zu achten. Außerdem bin ich so stark wie niemals zuvor. Ich habe ein richtiges Kämpferherz entwickelt. Durch die Diagnose habe ich auch Freunde verloren. Ich habe gelernt, Menschen loszulassen, die mir nicht guttun und nicht für mich da sind oder kein Verständnis aufzeigen. Auch beruflich ist es manchmal sehr schwer. Unverständnis von Kollegen oder Kolleginnen oder eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, weil der Arbeitgeber große Angst hat, dass ich in Zukunft nur krankgeschrieben bin oder anderweitig zur Last falle. Das sind Momente, an denen man an sich selbst zweifelt.

Dann heißt es: Wieder aufstehen, Krone richten und 200 % geben! Es ist mein Leben und meine Erkrankung –  wer das nicht akzeptiert, hat mich nicht verdient, egal ob privat oder beruflich. Das Wichtigste ist dennoch: es lohnt sich immer zu kämpfen.